Seit 2017 läuft eine Studie in Zusammenarbeit mit dem Uniklinikum in München, von der wir hier schon in einem früheren Beitrag berichtet haben.
Der Titel der Studie: Introvision bei Migräne und Kopfschmerzen – IntroMig: randomisierte Wartelisten-Kontroll-Studie mit nicht-medikamentöser Behandlung.
Untersucht wird die Wirksamkeit von Introvision bei Kopfschmerzen und Migräne. Wir haben die Studienleiterin in München, Dr. Monika Empl, sowie die beiden Introvisionsberaterinnen Sonja Löser und Petra Spille zu ihren Erfahrungen befragt. Ulla Evers führte das Interview.
Über welchen Zeitraum läuft die Kopfschmerzstudie?
Die Rekrutierung für die Studie IntroMig lief bis zum Sommer 2019. Derzeit können keine neuen Patienten mehr eingeschlossen werden. Die Studie läuft noch weiter, mit den Ergebnissen ist 2020 zu rechnen.
Welches Thema habt ihr euch gegeben und was interessiert euch daran besonders intensiv?
Zum Einen sind Stress und Überlastung häufige Auslöser von Kopfschmerzen und Migräne, und weniger Stress führt dann zu weniger Attacken. Studien haben ergeben, dass Introvision zu nachhaltiger Stressreduktion führt. Unter anderem wurde dies in Studien zu Redeangst, bei Nacken-Verspannungen sowie bei Tinnitus und mentalen Blockaden in der Aufstiegskompetenz von Frauen, nachgewiesen. Zum Anderen aber könnte Introvision mit der besonderen Wahrnehmungsform, die sich durch Konstatieren und gleichzeitig weitgestellter Aufmerksamkeit auszeichnet, besonders bei Migräniker*innen positiv auswirken, da diese eine gestörte Reizverarbeitung (reduzierte Habituation) haben. Migräniker*innen mit mindestens 5 Kopfschmerztagen pro Monat bis hin zur chronischen Migräne konnten an der Studie teilnehmen und wurden gebeten, einen Kopfschmerzkalender über ca. 6 Monate zu führen und ihre vorbeugende Medikation und nicht-medikamentöse Maßnahmen nicht zu ändern. Studienteilnehmer*innen erlernen dann in sechs zweistündigen Kursen mit Videounterstützung aus Hamburg durch Sonja Löser und Petra Spille in praktischen Übungen die Wahrnehmungstechnik KAW und den theoretischen Hintergrund der Introvision. Es folgen drei Einzelsitzungen per Videokonferenz. Die Wartelistengruppe beginnt erst sechs Wochen später mit der Kursteilnahme. Primärer Endpunkt ist die Veränderung der Kopfschmerztage 3 Monate nach dem dritten Introvisionsberatungsgespräch, die mit der mit der Wartegruppe vor der Kursteilnahme verglichen wird.
Die Studie wird an der Universität München durchgeführt. Seid ihr dort beim Gruppencoaching immer anwesend?
Zunächst besuchen die Teilnehmer*innen der Studie einen Kurs. Dieser findet in den Räumlichkeiten der LMU in München statt. Dr. Empl ist vor Ort anwesend, Sonja Löser und Petra Spille sind per Videoübertragung dazu geschaltet. Auf diese Weise wird die Theorie und Praxis an sechs zweistündigen Terminen vermittelt. Zwischen diesen Terminen können in Einzelgesprächen (entweder Telefonate oder Videokonferenzen) individuelle Fragen und Unsicherheiten geklärt oder auch verpasste Inhalte erörtert werden. Es kommt häufiger vor, dass Teilnehmer*innen aufgrund ihrer Migräne am Kurs nicht teilnehmen können. Nach Abschluss des Kurses haben alle Teilnehmenden jeweils drei Introvisionsberatungsgespräche, die per Telefon oder Videokonferenz gehalten werden.
Mit wieviel Teilnehmenden habt ihr bisher die Studie durchgeführt?
Es wurden insgesamt 88 Teilnehmerinnen und Teilnehmer gescreent, wieviele schlussendlich mit einem kompletten Datensatz ausgewertet werden können, steht noch nicht fest.
Könnt ihr ganz allgemein Rückmeldungen der Teilnehmenden zusammenfassen?
Ein Zwischenergebnis, das wir benennen dürfen ist: Introvision wird von allen, die uns ihre Fragebögen zurückgesandt haben weiterempfohlen. Die Teilnehmer*innen melden häufig zurück, dass sie die Methode als angenehm unaufgeregt empfinden und das Gefühl haben, mit der Introvision , etwas in der Hand zu haben, um mit der Migräne umzugehen. Sie schätzen das KAW als Methode, die sie überall und jederzeit ohne viel Aufwand anwenden können. Die Einstellung gegenüber der eigenen Migräne ändert sich durch Introvision: sie wird nicht mehr als zusätzlicher Stressor wahrgenommen, sondern konstatierend („nicht schon wieder…! vs. „aha, es kann sein, dass ich wieder eine Attacke bekomme...“). Die Teilnehmer*innen berichten, sich bewusster wahrzunehmen, was auch dazu führt, dass sie sich mehr Zeit für sich nehmen. Die konstatierende und weitgestellte Qualität der Wahrnehmung lässt sie Situationen und Empfindungen mit mehr innerer Distanz betrachten, was als auch bei Schmerzen hilfreich und entlastend erlebt wird. Einige berichten schon während der Kursphase weniger, bzw. weniger intensive Migränetage zu haben.
Wann rechnet ihr mit Ergebnissen der Kopfschmerzstudie?
2020 ist mit den Ergebnissen der Auswertung zu rechnen.
Wenn jemand mit einer Kopfschmerzproblematik zu einer Introvisionsberaterin kommt. Was würdet ihr empfehlen?
Das Vorgehen der Introvision unterscheidet sich bei Migräne und Kopfschmerzen nicht so sehr von dem bei anderen Themen. Allerdings ist es wichtig, sich dem Konstatieren der Schmerzen vorsichtig zu nähern. Während einer Attacke oder starken Schmerzen ist es für die meisten Betroffenen nicht sinnvoll, den Schmerz zu konstatieren, dies ist eher im Vorfeld oder bei leichten Schmerzen ratsam.
Vielen Dank für das Interview!